Der lange Weg zur eigenständigen Pfarre
Miesenbach war durch das ganze Mittelalter bis zum Selbstständig werden als eigene Pfarre im Jahr 1727 eine Filiale der Pfarre Strallegg. Laut einer Urkunde im Stiftsarchiv Vorau, datiert mit 25. März 1354, verkauft Gottschalk von Neuberg (bei Hartberg) dem Vorauer Propst den Weiglhof. Dieser Hof wird in der Urkunde aus dem Jahr 1354 beschrieben als „ein Hof, der Weigleinshof haisset, in Stroleker Pfharr gelegen.“
Obwohl im Salzburger Pfarrverzeichnis von 1445 Miesenbach nicht vorkommt, ist die Pfarre Miesenbach in einer um 1400 ausgestellten Urkunde bereits erwähnt; In dieser Urkunde wird der Weiglhof, der noch 1354 innerhalb der Pfarre Strallegg lag, als „in Myssenpacher Pharr“ gelegen bezeichnet. Ob damit eine Pfarre im kirchenrechtlichen Sinn mit vollem Pfarrrecht gemeint war oder eine Vikariats- oder Filialpfarre, muss dahingestellt bleiben. Die Fakten erlauben uns aber den Schluss, dass zwischen 1354 und 1400 Miesenbach ein eigener Seelsorgebereich wurde. Vermutlich darf in dieser Zeit der Bau der ersten Kirche und der Beginn der seelsorglichen Tätigkeit wie die Abhaltung des Sonntagsgottesdienstes und dergleichen durch den Strallegger Pfarrer bzw. Kaplan angesetzt werden. Der rechtliche Status einer Pfarre hat aber auf Miesenbach vor 1727 wohl nie zugetroffen; es war und blieb immer eine Filialkirche der Pfarre Strallegg.
Im Zusammenhang mit der Visitation der Pfarre Strallegg im Jahr 1545 wird im Protokoll vermerkt: „Hat ain Fillial Sant Khunigundten im Miesenpach“.
Der namentlich am frühesten bekannte und in Miesenbach wirkende Geistliche liegt uns erst für das Jahr 1565 vor. In einem vom Seckauer Bischof in diesem Jahr an den Salzburger Erzbischof gerichtetes Schreiben nennt er Coloman „Grueber, ein Profess des Closters Pöllau, jetzo zu Miesenpach Vicarius.“
Bischof Martin Brenner hält in seinem Protokoll für das Jahr 1607 fest, dass in Strallegg Andreas Gariup als Pfarrer tätig sei. Von ihm wird gesagt, dass er für die Filialkirche St. Kunigund in Miesenbach einen Kaplan habe; dieser heiße Friedrich Belellius, sei ein alter Italiener, der schon in vielen Pfarren gut gewirkt habe.
Am 23. April 1638 stellt Graf Georg von Stubenberg den Zech- und Viertelleuten „der Pfarr Müesenpach“ einen Kaufbrief aus über ein „Überländ „auf der Haiden“, dass sie dieses Überländ „zum Pfarrhof auf Miesenpach“ nützen können.
Am 06. September 1716 gab der Strallegger Pfarrer Matthias Peyerl eine „Relation von der Pfarr Strallegg und Filial Miesenbach“ wegen der Türkensteuer ein, die interessante Details enthält: „Die Samblung aber bestehet nur in Korn und Habern, weillen sonst nichts wachst in unseren harten und kalten Gebierg … Baynebens ist diese Pfaar so bluethharth, das ihro 2 Geistliche schier nit khönen versehn, absonderlich wegen der Filial Miesenbach, welche anderthalb Stund von Strallegg über lauter Berg ligt, und solche alle Sontag und Feuertag mueß wie ein Pfaar Kirchen versehen werden,“
Die heutige Pfarre Miesenbach war also durch Jahrhunderte eine „Filiale“ der Pfarre Strallegg. Dies änderte sich erst mit der Errichtung einer eigenen Pfarre im Jahr 1727. Diese Pfarrerrichtung steht in Zusammenhang mit dem Ende des langwierigen Patronatsstreites um Strallegg (zwischen dem Seckauer Bischof und dem Propst von Pöllau). Ab 1727 war die Pfarre Strallegg mit der Tochterkirche in Miesenbach endgültig dem Stift Pöllau inkorporiert. Gleichzeitig mit der Schlichtung des Patronatsstreites wurde Miesenbach eine von Strallegg unabhängige eigene Pfarre.
Ein unmissverständlicher Beleg für die Pfarrerhebung von Miesenbach Anfang 1727 liegt im ersten Taufbuch vor: Francisco Antonio Aigman bezeichnet sich hier selbst als ersten (!) Vikar bzw. Pfarrer, der vom Pöllauer Propst am 21. Mai 1727 installiert wurde. Ab diesem Zeitpunkt ist in den Quellen immer nur von der „parochia“, also der Pfarre die Rede.
Propst Ortenhofen notiert selbst zum Pfarrhofbau 1728: „Anno 1728 hab ich zu Mießenpach von Grunt aus einen neuern Pfarrhoff auffbauen lassen …, das der dermallige e r s t e Vicarius darin hat wohnen khönnen.“
Quellenangabe:
Dr. Ferdinand Hutz, Miesenbach in Vergangenheit und Gegeneart, Miesenbach 2003, S. 166 ff.
Pfarrarchiv Miesenbach.